
Foto: Urs Flüeler
«Für eine Kategorisierung bedeutend (…) dürften materielle Unterscheidungen sein, d.h. Fragen nach Werkstoffen und insbesondere nach Werkprozessen. Sie ermöglichen es eher als eine rein chronologische Betrachtung, das zeichnerische Œuvre sinnstiftend zu gruppieren und inhaltlich zu befragen. Zwar beschränkt sich Odermatt (…) auf den Werkstoff Tusche. Einzig zu Beginn seiner Künstlerlaufbahn verwendete er gelegentlich Faserstifte oder Buntstifte als Zeichnungsmaterial. Innerhalb der Tuschetechniken lassen sich lassen sich jedoch die übertragenden Medien deutlich unterscheiden und definieren somit eine Art vorläufiger Typologie: klassische Tuschpinselzeichnungen, mithilfe von Holzstiften und -messer geschaffene Tuschzeichnungen, Federzeichnungen, lavierte Tuschearbeiten.»
Auf Papier – zu einem kaum beachteten Aspekt im Schaffen von Josef Maria Odermatt
Bitterli Konrad
Josef Maria Odermatt, Werkkatalog der Eisenplastiken 1962 bis 2007
Scheidegger & Spiess, 2008, S.148

Foto: Unbekannt
«Die Zeichnung dient dem Künstler somit weniger als Formfindung für das Plastische, sie bildet einen durchaus eigenständigen, jedoch nie vollends unabhängigen Werkstrang in Odermatts Œuvre. Zuweilen setzt die Zeichnung einen bewussten Gegenpol zum plastischen Werk: Wo das Plastische sich verhärtet und reduziert, verflüssigt sich die Zeichnung und dehnt sich aus. Damit eröffnet sie dem Künstler die nötigen Freiräume im kreativen Prozess, ermöglicht Momente des Innehaltens, des Ruhens und Entwickelns, des Reflektierens und Fortschreitens.»
Auf Papier – zu einem kaum beachteten Aspekt im Schaffen von Josef Maria Odermatt
Bitterli Konrad
Josef Maria Odermatt, Werkkatalog der Eisenplastiken 1962 bis 2007
Scheidegger & Spiess, 2008, S.154
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Foto: Stefano Schröter
« (…) Zwischen der körperlich stark fordernden Arbeit an den Eisenplastiken gab es immer wieder Phasen, in denen Odermatt mit Tuschestift und Pinsel auf Büttenpapier zeichnete. Die eigenständigen Werkreihen nahmen nur bedingt auf dreidimensionalen Werke Bezug. Hier konnte odermatt, im Gegensatz zu seinen Schmiedearbeiten, der Spontaneität, der spielerischen Seite seines Wesens Raum geben. Waren es anfänglich reine Strichzeichnungen, so entwickelte der Zeichner später komplexe Blätter, die er mit Tusche grundierte. Darauf wurden die Sujets mit dem Pinsel grosszügig angelegt. Zum Schluss erhielten sie mit einer Binnenzeichnung Tiefe. Freie Formen erschienen, angesiedelt zwischen Pflanze, Kultfigur, Tänzerin oder Gaukler. Die labilen und filigranen Gebilde scheinen in Bewegung, im Wandel. In einer letzten Phase entstanden vereinfachte Tuschezeichnungen mit breitem Pinsel. Erst die zeichnerischen Blätter machen das Werk Odermatts komplett, erst sie zeigen uns alle Facetten seines Lebens und Wirkens. Josef Maria Odermatts Zeichnungen sind sein intimes Vermächtnis, das die gewichtigen Eisenplastiken in öffentlichen und privaten Räumen auf eindrückliche Weise flankiert. Sie sind der gültige Ausdruck eines feinen, sensiblen Menschen und Künstlers.»
Urs Sibler
Josef Maria Odermatt, Eisenplastiker und Zeichner
HANS Verlag, Sachseln, Klappentext, 2019


Foto: Regula Odermatt-Bürgi